Durch den vernebelten Morgenregenschleier entdecke ich eine vertraut wirkende Gestalt, einen Regenschirm über sich haltend, die steile Treppe zum Kirchlein hinaufsteigen. Ich hüpfe hoch, reiße beide arme winkend hoch und renne ihr, immer zwei Treppenstufen auf einmal nehmend, entgegen. Erst, als die Frau einen Meter von mir entfernt ist, erkenne ich, dass ich sie eben nicht kenne. „Oh“, sage ich, „entschuldigen Sie – ich habe Sie verwechselt!“ Die Dame grinst mich an: „Das macht gar nichts – man sieht heute so selten freundliche Gesichter!“ „Ja“, stimme ich zu und halte mir eine Hand vor den Mund, „das liegt wohl auch an der aktuellen Maskerade – sie schottet uns voneinander ab!“ Und wir beginnen eine angenehme Plauderei über das, was uns als Menschen verbindet, was uns wichtig ist, während wir uns langsam einregnen lassen und das aufgehende Rosenrot die Stadt unter uns in einen zarten Farbdunst taucht. In der Mittagspause setze ich mich mit meinem Becher Gemüse draußen an ein Ende...