Alles, was lebt, verändert sich. Manchmal kommen Veränderungen epochalen Umstürzen gleich, meistens geschehen sie schleichend, kaum bemerkt. Oft spüren wir Erinnerungen als fernes Echo des Erlebten, bemerken darüber nicht, was vielleicht lange schon verloren war.

Auch die Zeit des Trauerns neigt sich einem Ende zu. In der eigenen Zeit, in der eigenen Geschwindigkeit hatte die Trauer ihre Fühler in jede Ritze des Lebens gesteckt, hat sich eingenistet, breit gemacht. Irgendwann hast du begonnen, dich an sie zu gewöhnen, hast ihr jeden Morgen Platz neben dir gemacht.

Leiden und trauern sind siamesisch vereint. Sie umklammern sich in erstickender Not.
Beides meint eine aktive Tätigkeit – Schmerzen haben hingegen ist passiv, Schmerzen überkommen uns ungefragt. Sie brauchen nicht bewältigt zu werden, ohne unser Zutun ergeben und entziehen sie sich.

Wenn wir jedoch leiden, wenn wir trauern, beklagen wir den Verlust dessen, was uns wichtig war. Unser Leiden ist ehrfürchtig angesichts dessen, was war, unsere Trauer achtet das, was war.

Wir betrauern das Ende einer Liebe, deren Ende eine aktive Auseinandersetzung mit dem Verlust verlangt.

So weit bin ich gewandert auf der Suche nach dem, was bleibt. Kontinenten suchte ich nach der Erinnerung von uns, an uns ab. Als sie mich vor die Türe sperrten und du allein starbst, obgleich du mich zu dir gerufen hast, büßte ich meine Unschuld ein. Wie alles so schnell, so panisch sich übereilte, deine Seele aus dem Fenster flog, blieb ich zerstört zurück. Überfordert von der Last der Jahre, die vor mir liegen sollten, ohne dich, wandte ich die Augen vom Außen ab, richtete ihn nach innen. Die Sehnsucht nach dir drückte mir die Schultern krumm, meine Trauer schmirgelte mir die Seele wund. Meine Liebe strauchelte vagabundierend durch die Dunkelheit, setzte sich mal hier an diesen Tisch, legte sich in jenes Bett, vermied es immer, anzukommen.

Und nun bewegt sich diese Trauerzeit seinem Ausklingen zu, auch, wenn der Schmerz doch weiter bleibt. Jetzt, lange, so lange Zeit später, beginnt sich mein Blick wieder zu weiten. Ich hadere noch, werde es wohl immer tun, Trauer vergisst sich nicht ganz. Doch sie tritt in den Hintergrund, will vom aktiven Geschehen zum passiven Unterton verklingen.

Ich nehme wahr: Die Zeit des Trauerns verändert sich, meine Erinnerung ziept meist nur noch an der verschorften Wunde. ,Auch, wenn der Schmerz bleibt, er vergeht nicht ganz, verschwindet nicht, löst sich nicht auf. Doch er integriert sich. Er wird Teil der Festung des Lebens, legt einen weiteren Ring um die Festung jeder Liebe.

Ob gut oder schlecht, beurteile ich nicht.

Ich bin dadurch nicht stärker geworden, nicht daran gewachsen. Ich bin vielleicht härter, ungewollt-gewollt, um meinen weichen Kern, die riesige Verletzbarkeit in mir, zu schützen.

Unser Leben, unsere Liebe hat diese Trauer wohl verdient, ich ehre sie mit meinem Leiden. Und nun darf es sich ändern, weiter bewegen.

Ich weiß, dass ich wieder lieben können werde, allein ob ich es will, weiß ich nicht.

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