Für alle, die loslassen müssen

Du stehst knietief im eiskalten Wasser: Du bist an deinem Ziel. Lange hast du diesen Augenblick herbeigesehnt, lange hast du davon geträumt.

Das Echo deiner Gefühle hallt von den Wänden des schneebedeckten Bergmassivs im Hintergrund wider, während die Kälte des Wassers an deinen Beinen emporkriecht, dir ans Herz zu fassen droht, nein, vielmehr mitten hinein, und immer mehr, alte und noch unbekannte Gefühle, perlen aus den Poren deiner Haut und steigen auf, verlieren sich, in der frischen Abendluft.

Für diesen Moment dürfen alle Dämonen schweigen, alle Schatten ziehen sich in ihre dunklen Ecken zurück.

Als ich Kind war, suchte ich oft meinen Weg durch den dichten Wald zur „Wunderquelle“: Sie war der Heiligen Maria geweiht und konnte angeblich wundersame Heilung bewirken. Wer sich darin wusch, so erzählten die alten Dorfbewohner sich, wurde von seiner Krankheit befreit. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und lief zur Quelle. Ich wusch meine Augen mit dem klaren Wasser und hoffte, bald keine Brille mehr zu benötigen. Nie wurde mein Hoffen erhört und ich begann, mit Gott zu hadern. Als kleines Mädchen vom Lande war ich katholisch erzogen, und ich wollte auch an eine schützende Allmacht glauben. Doch Gott hörte mich nicht, und ich fühlte mich verraten. Er sollte mich in meiner Kindheit noch viele Male im Stich lassen. Als ich dann auch nicht Ministrantin werden durfte, weil zur damaligen Zeit nur Jungs ministrieren durften, beschloss ich, ganz trotziges Kid, mich nicht mehr auf seine Hilfe zu verlassen und mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Was kommt hinter dem Verrat?

 

Bildquelle: eigene Fotoaufnahme

Die Erinnerung der Zeilen deines alten Lieblingssongs Wire to Wire von Razorlight bettet dich in wohlvertraute Sehnsucht:

What is love but the strangest of feelings?
A sin you swallow for the rest of your life?
You've been looking for someone to believe in
To love you until your eyes run dry

She lives by disillusion glow
We go where the wild blood flows
On our bodies we share the same scar
Love me, wherever you are

How do you love with a fate full of rust?
How do you turn what the savage tame?
You've been looking for someone you can trust
To love you, again and again

How do you love in a house without feelings?
How do you turn what the savage tame?
I've been looking for someone to believe in
Love me, again and again

Du weißt, dass es Zeit ist zu gehen. Du weißt, dass es Zeit ist loszulassen. Und so versuchst du, einen Fuß vor den anderen zu setzen, auch, wenn dein Voranschreiten einem Kriechen auf scharfkantigen Scherben gleicht. Du bist in einer emotionalen Wüste ausgesetzt.

Du glaubst, nicht weiter zu können, du willst zurück, du willst dich an dem festhalten, was, lange schon, verloren ist. Oh, komm´ zurück, halte mich noch einmal fest, weint das Kind in dir, dort vorne falle ich ins Nichts, im Vakuum kann ich nicht atmen.

Und doch treibt etwas dich voran, und du glaubst, kein Schmerz kann größer sein. Deine Tränen werden zu Wassertropfen im See der Wunder.

Was auch immer es ist, was du loslassen musst: die Erinnerung an den, der in deinen Armen starb, das Versprechen der ewigen Liebe eines Menschen, von dem du dich trennen musst, die Hoffnung auf das Ungeschehen von Vergangenem – was dir bleibt, ist, irgendwo hinter dem Entsetzen, das dich nun umgibt, die Gewissheit, irgendwann, vielleicht bald schon, wieder atmen zu können. Du wirst mit weit geöffneten Augen und Herzen deine Lungen mit Sauerstoff füllen und spüren: Es ist gut so. 

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